Vierprozenthürde

In Österreich gilt bei bundesweiten Parlamentswahlen (Nationalratswahlen) die Vierprozenthürde: Parteien, die weniger als vier Prozent der Wählerstimmen haben, können nur ins Parlament einziehen, wenn sie in einem Wahlkreis ein Direktmandat erlangt haben. Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) ficht nun diese Hürde an.

Meines Wissens nach wurde diese Hürde erst nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt, um den Aufstieg kleiner, radikaler Parteien zu verhindern. Die Nazi-Partei NSDAP war ja ursprünglich auch nur eine Zwei-Prozent-Partei gewesen, hatte aber dennoch im Weimarer Reichstag einige Sitze, weil es damals diese Hürde eben nicht gab; und so hatten ihre Politiker mit dem Parlament eine Plattform, wo sie Reden schwingen und Einfluss nehmen konnten. Kalkül der Gesetzgeber nach dem Krieg war es offenbar, dass man durch diese Hürde solche Parteien künftig marginalisieren könnte, weil es außerparlamentarische Oppositionsparteien schwerer hätten, in den Wahlen Stimmen zu bekommen.

Vier Prozent, das sind bei 6.108.044 Wahlberechtigten etwa 244.321 Personen. Man stelle sich also vor: Wenn eine Partei von weniger als 244.321 Personen gewählt wird, dann hat diese Partei überhaupt keinen Einfluss auf die Gesetzgebung, also effektiv null Gestaltungsmöglichkeiten. Sie kann höchstens Stimmung machen, wie die Medien, aber an Abstimmungen über Gesetzesvorlagen kann sie sich nicht beteiligen, und es ist auch weniger wahrscheinlich, dass ihre Stimme von den Abgeordneten der anderen Parteien gehört werden wird.

Ob diese Hürde wirklich ihren Zweck erfüllt, ist fraglich. Radikale Parteien wie die FPÖ sind im Parlament vertreten; und die KPÖ ist wohl nicht nur wegen der Hürde so klein, sondern auch, weil trotz der Sympathie von Teilen der Bevölkerung für "linke" Ideen die wenigsten den Kommunismus wollen. Aber es mag schon sein, dass die KPÖ an Popularität gewinnen könnte, wenn sie im Parlament vertreten wäre und dort in den Augen mancher Wahlberechtigter gute Arbeit betriebe. Oder auch nicht! Wer weiß?

Jedenfalls finde ich die Vier-Prozent-Hürde keineswegs undemokratisch. Denn dass eine einzelne Wählerstimme wenig wert ist, ist nicht etwa undemokratisch, sondern, ganz im Gegenteil, systemimmanent. Gerade dass die Meinung des Einzelnen wenig Bedeutung hat, ist das Wesen der Demokratie. Ob das gut ist, ist eine andere Frage.

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