Von der Interesselosigkeit der Jugend

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann ist es relativ klar, was mich damals am meisten gestört hat: die Interesselosigkeit meiner Mitschüler an fachlichen Dingen. Gut, ich möchte mich nicht als strahlende Ausnahmeerscheinung präsentieren, habe ich mich doch bis zum Ende der AHS-Unterstufe selbst fast nur für Computer interessiert. Erst danach entwickelte ich auch ein Interesse an Länderkunde, Weltgeschichte und Politik und im letzten Schuljahr schließlich an molekularer Biologie und Genetik. Aber bei einigen Mitschülern hatte ich den Eindruck, dass sie sich für gar nichts interessiert haben, außer fürs Kartenspielen, Fortgehen und Saufen. Es ging ihnen mehr um "Action" und intensive Erfahrungen als um Wissen und fachliche Kompetenz. Dass jemand etwas erleben möchte, kann man ihm nicht verübeln; das möchte wahrscheinlich jeder gerne. Aber wenn man überhaupt keine fachlichen Interessen hat, obwohl man eine Schule besucht, die auf ein Studium an einer Hochschule vorbereiten soll - wie soll es dann weitergehen? Eigentlich sollte man doch als Gymnasiast wenigstens irgendein Interesse haben, das sich später in Form eines Studiums und eines akademischen Berufs verwerten ließe. 

Einige Mitschüler hatten freilich auch Interesse an Computern oder an Musik, aber ich hatte den Eindruck, dass sich niemand so intensiv mit diesen Dingen beschäftigte wie einige der jugendlichen Hobbyprogrammierer, die ich damals zu meinen Brieffreunden zählte.

Meiner Meinung nach ist starkes Interesse wichtiger als hohe Intelligenz. Ob beides miteinander zusammenhängt, kann ich nicht sagen. Tatsache ist, dass sich viele nicht natürlich zu Experten in bestimmten Gebieten entwickeln, sondern nur unter Zwang. Dabei sollte man meinen, dass sich für jedes Studium jemand finden ließe, den der darin vermittelte Stoff interessieren würde, und umgekehrt. 

Im Übrigen: Wenn man gerade gute Schüler lobt und von ihnen annimmt, dass aus ihnen etwas Großartiges werden wird, dann fördert man dadurch gerade zwanghaftes Verhalten, denn um in der Schule gut zu sein, muss man ja auch Dinge lernen, die einen wenig oder gar nicht interessieren. So gesehen, sind die Musterschüler vor allem in dieser Hinsicht begabt, dass sie bereit sind, Dinge zu tun, die ihnen eigentlich keine Freude bereiten. Aber ob das eine gute beziehungsweise die entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass man eine großartige Leistung erbringen wird? Meiner Meinung nach wäre es wichtiger, die fachlich besonders Interessierten zu fördern, als Förderungswürdige aufgrund von Intelligenztests oder Notendurchschnitten auszuwählen.

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