Der Pfad des Freaks

Wenn man jung ist, dann verbringt man mehr oder weniger viel Zeit damit, Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die man später im Leben brauchen könnte.

Wer das nicht tut, der bekommt später im Leben die Rechnung für seine Faulheit oder Dummheit bezahlt. Das habe ich erst heute wieder erkannt, als uns auf der Straße ein Handwerker ansprach, weil er für uns eine Dienstleistung verrichten wollte. Ich bin froh, nicht auf solche Weise meinen Lebensunterhalt bestreiten zu müssen.

Bei mir war es so, dass es mir nicht schwer fiel, das, was in der Schule gelehrt wurde, ordentlich zu erlernen. So blieb viel Zeit für andere Aktivitäten. Und ich nutzte diese Zeit, um über den Stoff der Schule hinaus Kenntnisse zu erwerben. Vor allem auf dem Gebiet der Computerei, weil diese mich besonders interessierte. Als Achtjähriger begann ich schon, mir die Programmierung in BASIC mit Hilfe von Listings aus Computerzeitschriften selbst beizubringen. Als Elfjähriger kamen dann Assembler und C hinzu.

Mit 14 wäre ich wohl schon erfahren genug gewesen, um als professioneller Programmierer arbeiten zu können. Doch meine Eltern hatten Anderes mit mir vor. So gesehen, war es schon im Alter von 14 Jahren, dass ich vom Pfad des typischen Computerfreaks abkam.

Ein typischer Computerfreak hätte im Alter von 14 Jahren hierzulande zwei Möglichkeiten gehabt: Entweder er wäre gleich als Programmierer arbeiten gegangen. Oder er hätte eine Höhere Technische Lehranstalt für Elektronische Datenverarbeitung besucht. In einer solchen Anstalt wäre der typische Freak zwar unterfordert gewesen, aber wenigstens hätte er am Ende eine anerkannte Berufsausbildung, Matura und ein höheres Einstiegsgehalt als derjenige, der schon mit 14 als Programmierer zu arbeiten begann, gehabt.

Meine Eltern waren jedoch der Meinung, dass ein neusprachliches Gymnasium für mich das Beste sei, weil ihnen viel an "klassischer Bildung" lag. So absolvierte ich also die gymnasiale Oberstufe, die mir nicht besonders schwer fiel.

Da ich aber bereits über genug "Hard Skills" verfügte, lernte ich in meiner Freizeit nicht mehr viel über Programmierung hinzu, sondern ging im Prinzip einer Berufstätigkeit nach - allerdings einer unbezahlten. Die Rede ist von der Zeitschrift, die ich herausgab, und den Programmier-Wettbewerben, die ich organisierte. Beides nahm einen großen Teil meiner Freizeit in Anspruch. Für echte Hobbys (wie Computerspiele) hatte ich nur mehr sehr wenig Zeit.

Nach der Matura hätte ich Informatik studieren können. Allerdings war ich vom "Pfad des Freaks" schon so weit abgekommen, dass ich nun auch andere Möglichkeiten in Betracht zog. So kam es, dass ich letzten Endes Mediziner wurde. (Mit einem Diplom in Theoretischer Informatik als Zusatzqualifikation.)

Sicher hängt der relativ geringe Grad meiner Beliebtheit in der Demoszene auch damit zusammen, dass ich nicht den typischen "Pfad des Freaks", sondern aufgrund der Vorstellungen meiner Eltern einen anderen Weg gegangen bin.

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