Unterschied Hochbegabung - Höchstbegabung

Eine Bekannte von mir hat sich schon als Jugendliche schriftstellerisch betätigt und inzwischen (sie ist etwa gleich alt wie ich - Jahrgang 1983 oder 1984) schon zahlreiche Romane, aber auch Sachbücher auf den Markt gebracht. Obwohl Finnin, spricht sie hervorragend Englisch. Sie kann auch recht gut zeichnen. Was sie dagegen nicht gerne macht, ist programmieren, denn diese Tätigkeit erfordert ihrer Meinung nach zu viel logisches Denken. Soweit eine Ferndiagnose möglich ist, schätze ich ihren IQ auf ungefähr 130 (auf einer Skala mit Mittelwert 100 und Standardabweichung 15). Das ist ein sehr respektabler Wert, der von rund 98% der Bevölkerung nicht erreicht wird. Aber ein IQ von 130 darf auch nicht überschätzt werden. Mit diesem IQ ist man für die Anforderungen des täglichen Lebens gut gerüstet und wird eine höhere Schullaufbahn ohne Probleme bewältigen können, wenn man nur regelmäßig seine Hausaufgaben macht und mitlernt. Doch für wirklich anspruchsvolle Aufgaben benötigt man wahrscheinlich einen IQ von noch mehr als 130. Zum Beispiel wird ein wirklich guter Programmierer, also einer, der nicht nur 08/15-Datenbank-Anwendungen implementiert, sondern auch eigene Algorithmen entwickelt und effizienten Programmcode schreibt, wahrscheinlich einen IQ deutlich über 130, vielleicht sogar über 140 haben.

Was ist der Unterschied zwischen einem Hochbegabten mit einem IQ leicht über 130 und einem Höchstbegabten mit einem IQ von 145? Hierzu habe ich auf der Homepage von Paul Cooijmans etwas Interessantes gefunden. Er meint, mit einem IQ zwischen 130 und 140 sei man "gifted", also "begabt", wobei er das Wort "gifted" unter Anführungszeichen gesetzt hat. Aber erst mit einem IQ von 140 oder höher sei man wirklich "intelligent". Cooijmans unterscheidet also zwischen "Begabung" und "Intelligenz", wobei er diese beiden Begriffe als unterschiedliche Ausprägungsgrade auf derselben Skala, der IQ-Skala, auffasst. Wie ist das zu verstehen?

Nun, was heißt es, "begabt" zu sein? Ein "Begabter" verfügt über besondere Fähigkeiten, die er beruflich verwerten könnte. Zum Beispiel könnte jemand "begabt" genug sein, um unterhaltsame Kurzgeschichten zu verfassen oder "bescheidene" Romane, wie es Cooijmans ausdrückt. Ein "Begabter" kann, wenn er richtig gefördert wurde, beruflich sehr erfolgreich sein.

Ein "Intelligenter" ist ebenfalls "begabt", aber in besonderem Ausmaß. Vieles, das sich ein lediglich "Begabter" mühsam erarbeiten muss, fällt ihm so leicht, dass es dem "Intelligenten" gar nicht auffällt, dass er über eine besondere Fähigkeit verfügt. Dementsprechend neigt der "Intelligente" dazu, sich selbst zu unterschätzen bzw. sich auf dem Arbeitsmarkt unter seinem Wert zu verkaufen.

Was den "Intelligenten" aber vom bloß "Begabten" unterscheidet, ist seine Fähigkeit, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen, in größeren Zusammenhängen zu denken und selbstständig zu neuen Urteilen zu kommen. Das ist es, was "Intelligenz" eigentlich auszeichnet.

Freilich sind das aber Fähigkeiten, die sich nicht unbedingt beruflich verwerten lassen. Deswegen wird der "Intelligenz" in diesem Sinne von kaum einer Seite allzu große Beachtung geschenkt. Gefördert werden in erster Linie nur "Begabte". "Intelligente" braucht niemand. Eher im Gegenteil: Die "Intelligenten" stellen eine Gefahr dar, weil sie Zusammenhänge erkennen, die anderen Menschen verborgen bleiben. Während in Teilen der Gesellschaft "Begabtenförderung" also schon einigermaßen akzeptiert wird, gibt es so etwas wie "Intelligentenförderung" nicht, und man täte als "Intelligenter" nach wie vor besser daran, seine "Intelligenz" zu verbergen.

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