Traditionelle und moderne Lebensweisen

Seit ich mit meinem Studium fertig bin, habe ich mich noch nicht ernsthaft nach einem Arbeitsplatz umgesehen. Dennoch habe ich in den paar Wochen schon einige Angebote bekommen. Nicht alle Angebote stellten eine Fixanstellung in Aussicht, aber es handelte sich bei allen mehr oder weniger um Möglichkeiten zu arbeiten und dafür Geld zu bekommen.

Da habe ich mir gedacht: Es ist einerseits ein tolles Gefühl, wenn man endlich die Aussicht darauf hat, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und das unter Umständen, wenn man sich nicht ganz blöd anstellt, sogar für einen längeren Zeitraum. Andererseits ist aber in der heutigen Zeit keineswegs ein sicherer Arbeitsplatz mit gutem Einkommen das Höchste, das man sich vorstellen kann.

Denn ich bin der Meinung, dass ich etwa mit diesem Blog oder mit meinen Aktivitäten auf Facebook noch wesentlich mehr bewegen kann, als wenn ich nur einer geregelten Arbeit nachginge.

"Bewegen" ist in diesem Fall natürlich nicht im materiellen, sondern im ideellen Sinne zu verstehen. Durch meine Analysen kann ich nämlich Leute dazu bringen, über Dinge nachzudenken, über die sie sich davor noch gar keine Gedanken gemacht haben. Ich bereichere also das geistige Leben anderer Menschen und mag unter Umständen dazu beitragen, dass sie ihre Einstellungen zu diversen Dingen ändern.

Jetzt verstehe ich auch besser, worum es in dem hier oft erwähnten Konflikt mit dem alten Mann im Mensa-Forum eigentlich ging.

Web 2.0 ist eben etwas ganz Neues, und Leute wie dieser Mensa-Kollege haben ihr ganzes Leben lang nicht die Möglichkeiten gehabt, die ich nun habe. Sie haben all das gar nicht kennen gelernt, was für mich schon längst zum Alltag gehört. Klar, dass sie irritiert sind, weil die Jugend von heute eine andere Lebenseinstellung hat. Sie glauben, die Jugend sei fehlgeleitet und müsse zur Vernunft gebracht werden. Über die tollen Möglichkeiten, die die neuen Technologien erstmals in der Geschichte der Menschheit bieten, haben sie dabei wahrscheinlich noch gar nicht richtig nachgedacht.

Es ist aber nicht einfach ein Generationenkonflikt. Es gibt durchaus auch jüngere Leute, die eine eher traditionelle Einstellung zum Leben haben, wie den 1977 geborenen Mensa-Kollegen, über den ich vor kurzem berichtet habe, aber vermutlich auch das 18-jährige Mädchen, das mich veranlasste, über "Menschlich-soziale Reife" zu schreiben. Deswegen ist es schon richtig, wenn ich die Möglichkeit ins Spiel bringe, dass man verschiedenen sozialen Schichten angehören könnte. Ob die von mir verwendete Terminologie die richtige ist, ist eine andere Frage. Vielleicht wäre es besser, nicht von Ober- und Unterschicht zu sprechen, sondern eher von materiell und ideell orientierten Menschen, von Konservativen und Progressiven oder von Traditionalisten und Modernisten, wobei all diese Begriffe den Kern der Sache nicht ganz treffen und auch falsch verstanden werden könnten. Vielleicht haben die Soziologen Recht, die die Einteilung der Bevölkerung in die Sigma- und Sinus-Milieus vorgeschlagen haben. Wobei mir aber nicht ganz klar ist, welchem der Sigma- bzw. Sinus-Milieus ich zuzuordnen wäre.

Jedenfalls wäre es aus meiner Sicht sicher nicht optimal, wenn ich fixe Arbeitszeiten hätte und in dem Fall, dass mir etwas einfiele, das ich gerne hier in diesem Blog oder anderswo niederschriebe, bis zum Abend warten müsste. Umgekehrt birgt ein fixes Angestelltenverhältnis mit geregelten Arbeitszeiten aber auch große Vorteile, vor allem in Bezug auf Kranken- und Pensionsversicherung. Warten wir's ab.

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