Die Unsinnigkeit von Intelligenztests

Vor einigen Jahren war im Fernsehen eine Dokumentation zu sehen, in der einige Mitglieder des Hochintelligenzvereins Mensa zu sehen waren. Ein Bekannter erzählte mir damals, er habe in einem Gasthaus einem Gespräch über diese Sendung beigewohnt, wobei einer der am Gespräch Beteiligten gemeint habe, die in der Sendung gezeigten Personen seien seiner Meinung nach nicht intelligent und die Tests hätten keine Aussagekraft und sollten verboten werden.

Im Laufe der Jahre habe ich den Eindruck gewonnen, dass diese Person wohl nicht ganz Unrecht gehabt haben dürfte. Denn man kann in Vereinen wie Mensa sehr gut beobachten, was Intelligenztests aussagen und was nicht. Über eines sagen sie jedenfalls wenig aus: nämlich über den geistigen Horizont. Sie sagen nichts über Bildung und Wissen aus, sie messen auch nicht, wie gut jemand in der Lage ist, sich in ihm unbekannte Materie einzuarbeiten, oder ob er dazu überhaupt bereit ist. Im Grunde genommen messen Intelligenztests nur eines: nämlich die Fähigkeit, bestimmte Arten von Denksportaufgaben zu lösen. Das ist aber nicht das, was ich unter Intelligenz verstehe - und ich denke, andere Menschen werden meine Meinung teilen.

In der Tat ist es ärgerlich, wenn Menschen sich selbst für hochintelligent halten, wenn sie es nicht sind; und durch solche Tests wird das unter Umständen sogar gefördert. Ein gutes Testergebnis kann dazu führen, dass die Getesteten mit sich selbst zufrieden werden und nicht mehr bereit sind, an sich zu arbeiten und dazuzulernen. Insofern ist die Forderung des Gesprächsteilnehmers nach einem Verbot von Intelligenztests verständlich.

Gefährlich ist andererseits aber die Perspektive einer Gesellschaft, in der Intelligenz überhaupt nicht objektiv gemessen, sondern nur nach mehr oder minder willkürlichen Kriterien geschätzt wird. Der Sinn der Intelligenztests ist ja die Objektivierung der Beurteilung der Intelligenz. Wenn Intelligenztests verboten wären, könnte es sein, dass - wie vor 70 Jahren - die Menschen willkürlich in verschiedene Begabungsklassen eingeteilt würden. Dem fälschlich einer niederen Klasse Zugewiesenen fehlte dann die Möglichkeit zu beweisen, dass er falsch eingeschätzt wurde.

Möglicherweise ist es ein Fehler, dass Intelligenztests ausschließlich mit abstrakten Mustern, Figuren, allenfalls Zahlen und Wörtern arbeiten. Vielleicht sollte ein Intelligenztest auch konkrete Fragen stellen, über Dinge, die gemeinhin als bekannt angesehen werden, wie über Geld, zwischenmenschliche Beziehungen, politische Ordnung. Möglicherweise haben manche derjenigen, die derzeit als hochintelligent eingestuft werden, hier grundlegende Lücken. Interessant fände ich beispielsweise, was die Probanden auf die Frage "Sind Menschen Tiere?" antworten würden.

Jedenfalls sollte man nicht den Wert der Schulbildung negieren. Wenn jemand laut Intelligenztest zwar hochintelligent ist, aber über keine AHS-Matura verfügt, dann ist es eben doch so, dass man sich mit ihm nicht über alle Dinge auf hohem Niveau unterhalten kann. Es stellt sich auch die Frage, welchen Sinn es überhaupt hat, über die Fähigkeiten, die durch Intelligenztests gemessen werden, zu verfügen, wenn einem die Grundlagen fehlen, die einen sinnvollen Einsatz dieser Fähigkeiten erst ermöglichten. 

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