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Loyalität und Brillanz

Vorhin war ich beim Institut für Wertewirtschaft, um mir ein Büchlein abzuholen, das mich interessierte. Dort betreute mich ein junger Mann, Doktorand der Wirtschaftswissenschaften, der offenbar am Institut eine Art Praktikum absolvierte und für verschiedene Routinetätigkeiten, wie eben die Interessentenbetreuung und den Verkauf der Büchlein, zuständig war. Da dachte ich mir: Als Doktorand mit Schwerpunkt "Austrian Economics" (die Schule um Mises, Hayek und Co.) hat man es eigentlich schwer, nach dem Studium einen adäquaten Posten zu finden. Das Institut für Wertewirtschaft ist eines der wenigen mir bekannten Institute hier in Österreich, zu dem seine Ausbildung gut passen würde. In diesem Zusammenhang gingen mir daraufhin folgende Dinge durch den Kopf: Zunächst einmal sei gesagt, dass ich hier vom konkreten Fall abstrahiere. Ich kenne den Mann nicht so gut, dass ich eine Aussage über seine Begabungen machen könnte. Ich weiß nur, dass der Gründer des Instituts für Wertewirtsc

Die Naivität der "Wunderkinder"

Zumindest in den Medien wird es als erstrebens- beziehungsweise bewundernswert dargestellt, seine Ausbildung schnell abzuschließen und schon in sehr jungen Jahren als Akademiker arbeiten zu gehen. Deswegen erregen von den zahlreichen Hochbegabten, die es gibt, vor allem "Wunderkinder" wie Marian Kogler besondere Aufmerksamkeit. Marian hat die Matura mit 15 gemacht, mit 16 war er (da er schon während der Schulzeit mit dem Studium angefangen hatte) Bachelor und mit 17 Diplom-Ingenieur, der jüngste Österreichs. Aber als er danach an der TU Wien sein Doktoratsstudium betrieb, wurde er nach kurzer Zeit von den Professoren hinausgeekelt; jetzt ist er in (Ost-)Deutschland. Manche Leute werden vielleicht den Wiener Professoren Vorwürfe machen: Wie kann man denn ein solches Wunderkind nicht in seiner Arbeitsgruppe haben wollen? Wer Marian aber kennt, kann das durchaus nachvollziehen. Und ich nehme an, er steht nur exemplarisch für viele "Wunderkinder" dieser Art. Es genügt e

Klassische und "moderne" Informatik

Als ich mich vor einigen Jahren bei einem medizinischen Forschungsinstitut beworben habe, wurde ich von zwei Abteilungsleitern unabhängig voneinander gefragt, was mich im Informatikstudium am meisten interessiert hätte. Ich antwortete: Algorithmen. Der eine sagte daraufhin nichts, der andere: "What? But that's what computer science was like 50 years ago!" Wahrscheinlich hatte er eher Dinge wie Data Mining oder Machine Learning erwartet, weil diese dem, was am Institut gebraucht wird, näherkommen. Tatsächlich sind Data Mining und Machine Learning ja relativ moderne Dinge, weil sie sehr arbeitsspeicher- und rechenzeitintensiv sind und deswegen erst seit einigen Jahren wirklich in der Praxis angewendet werden können. Aber ich vermisse dabei die Eleganz, die die Genialität des Programmierers auszeichnet. Data Mining und Machine Learning sind eher "brute force", also Holzhammermethode. Deswegen reizten mich diese Subdisziplinen der Informatik, die ich selbstverständl

Worum es im Leben (vielleicht) geht

In Anlehnung an darwinistische Theorien habe ich mich manchmal gefragt, ob das Leben nicht eine Art riesiges Spiel sein könnte, an dessen Ende ein einziges Lebewesen als Sieger stehen könnte. Nach der Theorie des "selfish gene" sind ja Lebewesen, einschließlich Menschen, nur Träger von Erbanlagen, und der Sinn der Existenz als Individuum ist es dafür zu sorgen, dass diese Erbanlagen erhalten und weitergegeben werden. Vieles im Leben hat damit zu tun, dass Lebewesen entweder Sexualpartner bekommen wollen, um ihre Erbanlagen weiterzugeben, oder anderen Lebewesen das Leben schwer machen wollen, um zu verhindern, dass deren Erbanlagen weiterhin im Genpool bestehen bleiben. Diese Mechanismen lassen sich auf allen Ebenen beobachten, nicht nur im Tierreich, sondern auch im menschlichen Alltag. Menschen betrachten einander nach dem Nützlichkeitsprinzip, ist jemand einem nützlich, wird er zunächst toleriert. Wird er aber als überflüssig oder gar als Bedrohung wahrgenommen, versucht ma

Feudale Strukturen

Auf der ganzen Welt lassen sich meines Erachtens feudale Strukturen beobachten. Es gibt lokale, regionale, nationale und supranationale Eliten, die viel besitzen und das ihnen untergeordnete Volk bei Laune halten, indem sie seine Loyalität durch gelegentliche Geschenke belohnen. Ich glaube, in dieser Beziehung gibt es keinen grundlegenden Unterschied zwischen einer traditionellen Monarchie, einem sozialistischen und einem liberalen/kapitalistischen System.

Wirtschaft und Leistung

Allen Leistungsfanatikern ("Im ganzen Leben geht es nur um Leistung") sei ins Stammbuch geschrieben: Laut Wikipedia erwirtschaften etwa 30% der österreichischen Bevölkerung etwa 70% des Bruttoinlandsprodukts. Man überlege sich, was das bedeutet! Wenn das wirklich bedeuten sollte, dass selbst in dem Fall, wenn 70% der Bevölkerung überhaupt nicht arbeiten gingen, Österreich dennoch wirtschaftlich gut dastünde, dann stellt sich die Frage, welchen Sinn es hat, in überschwänglichen Brandreden ständig nur "Leistung" einzufordern; denn offenbar geht es der Wirtschaft auch gut, wenn nur ein relativ geringer Teil der Bevölkerung arbeiten geht. Vielleicht habe ich die Daten aber auch nur falsch interpretiert.

Mensa vor meiner Zeit

Da ich nun viele Ausgaben der Vereinszeitschrift von Mensa Österreich gelesen habe, die um das Jahr 1990 herum und danach erschienen sind, weiß ich einiges über den Verein vor meiner eigenen Zeit (ich bin im Frühling 2002 beigetreten). Anno 1990 hatte Mensa Österreich nur ca. 160 Mitglieder. Jetzt sind es an die 600. Die meisten der aktuellen Mitglieder sind nach dem Jahr 2000 beigetreten. Das wird vorwiegend auf die Internetpräsenz des Vereins zurückgeführt, die um das Jahr 2000 herum online ging. Das hat mich daran denken lassen, dass eigentlich vor dem Internetzeitalter Mensa ein ziemlich obskurer Verein gewesen sein musste. Wer wusste denn schon, dass es so einen Verein gab, und wer wusste, wen man kontaktieren musste, um Mitglied zu werden? Eventuell gab es einen Eintrag im Telefonbuch und ab und zu Werbeeinschaltungen in diversen Zeitschriften (ich weiß allerdings weder das eine noch das andere mit Sicherheit). Ansonsten wird es wohl eher so gewesen sein, dass man selbst Mitglied