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Tradition vs. Belesenheit

Ich lese gerade ein Buch über die Geschichte politischer Ideen. Die ersten Kapitel sind dem alten Griechenland gewidmet. Dabei zeigt sich, dass im alten Griechenland bei Gott nicht alles so demokratisch zuging, wie in der Schule behauptet wird. Vielmehr gab es unter den Philosophen Streit darüber, welche Staatsform die beste sei; viele Philosophen lehnten die Demokratie ab und sprachen sich für eine Aristokratie aus, also für die Herrschaft einer Elite, wobei oft das folgende Argument gebracht wurde: Um vernünftige Urteile treffen zu können, genüge nicht der Hausverstand, über den das Volk verfügt, sondern es bedürfe auch einer Tradition, also eines Erfahrungsschatzes, der von Generation zu Generation weitergegeben werde; deswegen seien nur hervorragende Männer aus herausragenden Familien als Führungspersönlichkeiten geeignet. Diese Überlegung hat mich zu folgendem Gedankengang veranlasst: In der heutigen Zeit ist es relativ problemlos möglich, Bildung zu erwerben, wenn man Interesse u

Umorientierung

Ich schwöre künftighin jedem spezifisch neoliberalen Gedankengut ab, weil ich nun am eigenen Leib erlebt habe, was das bedeutet (viel arbeiten und wenig dafür bezahlt bekommen)! Ab sofort werde ich mich zur Sozialdemokratie hin umorientieren.

Erkenntnistheorie und Autorität

Mir ist fremd, wenn Menschen sich auf das Recht des Stärkeren berufen. Nun gibt es auch in der Erkenntnistheorie Strömungen, die sich auf das Recht des Stärkeren berufen. Meiner Meinung nach ist das unvereinbar. Ein Wissenschaftler beruft sich nicht auf das Recht des Stärkeren. Ein Wissenschaftler kann logisch denken und vernünftige Urteile treffen. Im Prinzip war es Popper, der die autoritären Verhältnisse im Wissenschaftsbetrieb kritisierte. Sein kritischer Rationalismus war durchaus ein Fortschritt im Vergleich zu dem, was damals herrschte. Ich verstehe nicht, wie auch heute noch Menschen glauben können, aufgrund der Stellung in der Gesellschaft, die sie innehaben, immer Recht zu haben und den ihnen Untergeordneten ihre Meinung aufzwingen zu können.

Die aktuelle Diskussion

Hier in Wien findet gerade wieder ein Kongress zum Thema Begabtenförderung ein. Dabei geht es vor allem darum, wie man begabte Kinder und Jugendliche motivieren kann, ihrer Begabung entsprechend gute Leistungen in der Schule zu erbringen. Meiner Meinung nach schießt diese Fragestellung am Ziel vorbei. Was bringt es denn, wenn Kinder in der Schule gut sind? Das bringt höchstens den Kindern Befriedigung, wenn sie sich über gute Noten freuen, und vielleicht auch den Lehrern, aber sonst? Welchen Sinn hat diese Art der Begabtenförderung? Was haben Schulnoten mit dem echten Leben zu tun? Entscheidend ist vor allem, was die Kinder nach dem Ende ihrer Schullaufbahn tun sollen. Ein Hochschulstudium ist sicherlich nicht die schlechteste Idee; es ist gut, dass das Studium hier in Österreich die Studierenden nichts kostet. Aber Hochschulen bilden halt die Leute nur in bestimmten Gebieten aus, in denen sich die Professoren gut auskennen, und das sind nicht unbedingt die Dinge, die vom Markt nachgef

Autoritarismus vs. Laissez-faire

Immer wieder mache ich die Feststellung, dass Menschen, die "cool" wirken, gar nicht so "cool" sind, und umgekehrt diejenigen, die "uncool" wirken, in Wahrheit viel "cooler" sind. "Cool" im Sinne von: lässig, nicht im Sinne von "kaltherzig". Ein bekannter Demoszener schrieb unlängst auf Facebook, dass er bis zum Alter von 24 Jahren nicht selbst entscheiden durfte, was er tat und was er ließ. Ich hatte gerade von Demoszenern nicht erwartet, dass sie derart autoritär sozialisiert worden wären. Vielleicht hängt mein falscher Eindruck damit zusammen, dass viele von diesen Leuten nur über relativ schlechte Rechtschreibkenntnisse verfügen - ich dachte, wer nicht gut rechtschreiben kann, der nimmt's halt locker und scheißt auf die Normen. In Wahrheit ist es wohl nicht so, es ist wahrscheinlich sogar eher umgekehrt. Menschen aus einfachen Verhältnissen, beispielsweise solche aus Arbeiterfamilien, sind oft besonders autoritär sozia

Biografien

Früher habe ich sehr gerne Biografien gelesen; ich glaubte, auf diese Weise auch Lehren für meine eigene Lebensführung ziehen zu können. Allerdings bin ich inzwischen darauf gekommen, dass sich die Welt doch verändert hat und das, was in den Biografien von großen Männern steht, die vor hundert Jahren gelebt haben, nur bedingt auf heutige Verhältnisse übertragbar ist. Dazu kommt, dass Biografien für gewöhnlich beschönigend ist; das, was peinlich sein oder jemandem zum Vorwurf gemacht werden könnte, wurde meistens weggelassen. Was auch fehlt, ist die Tatsache, dass große Persönlichkeiten in der Regel nur deswegen so groß geworden sind, weil sie einen oder mehrere Förderer hatten, manche - wie Einstein - sogar eine ganze Lobby. Wenn man zum Beispiel Karl Popper hernimmt, muss man auch feststellen, dass er ja von Berufs wegen Philosoph war; erst die relative Sicherheit einer festen Anstellung an der Universität hat ihm die Möglichkeit gegeben, seine erkenntnistheoretischen Überlegungen u

Erzwingen von Fairness

Mich würde interessieren, ob es theoretisch möglich ist zu erreichen, dass sich Menschen von selbst fair zueinander verhalten. Es mag vielleicht einzelne Menschen mit einem gut entwickelten Gerechtigkeitssinn geben; möglicherweise handelt es sich dabei aber um eine Minderheit. Selbst um einfache Dinge wie einen fairen Umgang zu erreichen, scheint es unabdingbar zu sein, dass es eine höhere Instanz gibt, vor der sich die Menschen fürchten und die sie zwingt, sich auf eine bestimmte Weise zu verhalten. Wenn Liberale eine Ordnung ohne Zwang erreichen wollen, dann stellt sich die Frage, wie faires Verhalten sonst durchsetzbar wäre. Möglicherweise ist das, was sich konsequent Liberale vorstellen, eine reine Utopie und es geht nicht ohne Zwang - ich meine: dass Zwang notwendig sein könnte, um Gerechtigkeit durchzusetzen. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich zur Bank gehe und von meinem Konto Geld abheben will, dann könnte der Bankangestellte mir das Recht verweigern, auf mein eigenes Konto zu