Erwartungen und Realität

Insgesamt gesehen, geht es mir gut. Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, ein sehr gutes Einkommen und werde mit Aufgaben konfrontiert, deren Schwierigkeitsgrad angemessen ist: nicht zu leicht, aber stets schaffbar.

Aber wenn ich daran denke, was meine erwachsenen Bezugspersonen von mir erwartet haben, als ich noch minderjährig war, ist das, was ich erreicht habe, doch recht mager. So meinte etwa mein Physiklehrer, dass er vielleicht eines Tages "eine Formel von Claus-Dieter" an die Tafel schreiben werde, und mein Vater glaubte, dass ich herausfinden würde, wie Menschen unendlich lange leben könnten.

Meine wissenschaftlichen Leistungen bestehen eigentlich nur darin, dass ich damals, als ich mich aufs Teilrigorosum aus Medizinischer Physik vorbereitet habe, auf einige Zusammenhänge gekommen bin, die nicht ausdrücklich so im Lehrbuch gestanden sind, und dass ich nach meiner Promotion meinem verstorbenen Freund und Mentor Dr. Uwe Rohr geholfen habe, seine Ideen in einem gut verständlichen Englisch zu formulieren.

Meine philosophischen Einsichten habe ich ja erst vor kurzem zusammengefasst (Blog-Beitrag "Was ich zu wissen glaube"). Viel mehr als das habe ich nicht zu bieten.

Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob ich mich intensiver mit Themen der Physik wie zum Beispiel der String-Theorie beschäftigen sollte, um vielleicht durch Nachdenken zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Einerseits gibt es viele andere Menschen, die sich damit befassen und befasst haben, andererseits ist es durchaus möglich, dass viele Physiker diese Theorien nicht so genau durchanalysiert haben, wie ich es tun würde. Aber im Allgemeinen bin ich eigentlich der Meinung, dass die wesentlichen Fragen der Naturwissenschaften längst geklärt sind und die noch offenen Probleme meistens entweder Details betreffen oder nur von akademischem Interesse sind. Ein gutes Beispiel ist das P-NP-Problem: Es ist zwar bisher, soweit ich weiß, niemandem gelungen zu beweisen, dass P ungleich NP ist, aber wenn P gleich NP wäre, wäre das so leicht zu beweisen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass P ungleich NP ist. Für die praktische Informatik ist nur relevant, dass  es Probleme gibt, die man nicht mit einem Algorithmus in polynomieller Laufzeit lösen kann, obwohl man in polynomieller Laufzeit überprüfen kann, ob eine Lösung dieses Problems richtig ist.

Ich glaube, der Gipfel meiner Leistungen werde in der Entwicklung von anspruchsvollen Computerprogrammen liegen, wobei von dem, was ich derzeit beruflich mache, unter anderem jeder, der in Wien mit der U-Bahn fährt, profitieren wird. Zu mehr tauge ich nicht.

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