Was ich zu wissen glaube

Vorwort

Ich wurde am 8. Oktober 1983 in Wien geboren. Die früheste Erinnerung, die ich an meine Kindheit habe: Ich sitze im Wohnzimmer unserer Wohnung im 14. Wiener Gemeindebezirk und denke: „Ich bin.“ Soweit ich mich erinnern kann, war das der Anfang eines langen inneren Monologs, den ich auch heute noch fortführe.

Ich weiß noch, dass mir die meisten Menschen, denen ich in meiner Kindheit begegnet bin, komisch vorkamen. Offenbar hatten sie Probleme und fühlten sich unzufrieden. Man konnte das ihnen aus den Gesichtern ablesen. Dieser Eindruck verstärkte sich nach meiner Einschulung: Ich kann mich noch gut erinnern, wie andere Eltern meiner Mutter erzählten, dass ihre Kinder in der Schule zu kämpfen hätten und an der massiven Zahl der zu bewältigenden Hausaufgaben litten. Das konnte ich nie nachvollziehen: Ich war immer ein sehr guter Schüler und fand die mir durch die Schule gestellten Aufgaben leicht. Heute weiß ich, dass das vor allem daran lag, dass ich für die Fächer, die in der Schule am meisten zählten, Talent hatte, nämlich für Sprachen und Mathematik. In diesen Hauptgegenständen musste man Leistung erbringen, und wenn man darin gut war, hat man auch in den anderen Schulfächern gute Noten bekommen.

In der Schule lernten wir, dass wir in Österreich leben und Österreich eine demokratische Republik sei, in der das Recht vom Volk ausginge. Naiverweise setzte ich Demokratie mit Liberalismus gleich, wie viele Kinder, und glaubte, man könne in einer Demokratie im Rahmen der Gesetze machen, was man wolle. Dass auch eine Demokratie eine Herrschaftsform darstellt, wurde mir erst später klar. Allerdings respektierte ich die Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere den Kanzler. Für mich war der Bundeskanzler eine Autorität. Umso mehr imponierte mir, dass der damalige Oppositionsführer Dr. Jörg Haider es wagte, dem Bundeskanzler vor laufender Kamera zu widersprechen. Deshalb war ich in meiner Kindheit zunächst Anhänger Jörg Haiders. Das änderte sich 1992, als sich das Liberale Forum von der Freiheitlichen Partei Österreichs abspaltete. Ich erkannte bald, dass Liberalismus die politische Richtung war, die mich am meisten ansprach, und wurde Anhänger des Liberalen Forums.

Als Kind habe ich schlechte Erfahrungen mit anderen Kindern gemacht, die sich für etwas Besseres gehalten haben, weil sie sonntags in die Kirche gingen. Daraus resultierte eine Abneigung gegen das Christentum. Von Juden hatte ich hingegen eine gute Meinung, waren doch schließlich meine großen Vorbilder, Karl Popper und Albert Einstein, jüdischer Herkunft. Auch Muslime störten mich nicht – für mich war der Islam eine Religion wie jede andere.

Natürlich wusste ich, dass vor einigen Jahrzehnten in Deutschland und Österreich die Nazis an der Macht gewesen waren und viele schlimme Dinge angerichtet hatten. Ich verstand jedoch nie, warum sie so negativ gegen die Juden eingestellt waren. In meiner Herkunftsfamilie gab es keine antisemitischen Ressentiments. Erst im Erwachsenenalter machte ich mit einigen Menschen Bekanntschaft, die mir sagen konnten, was die Mehrheitsbevölkerung an den Juden auszusetzen hatten. Etwa, dass jüdische Unternehmer ihre Mitarbeiter schlecht behandelt hätten oder dass die Juden einen Staat im Staat gebildet hätten. Mir kamen diese Begründungen lächerlich vor. Als Unternehmer muss man wirtschaftlich handeln, und es ist doch klar, dass man seine Mitarbeiter zur Rechenschaft zieht, wenn diese nicht die von ihnen geforderten Leistungen erbringen. Einen Staat im Staat haben die Katholiken, Protestanten und andere Gruppierungen auch gebildet. Mir erschien Antisemitismus, wie so vieles, völlig irrational.

Den Großteil meines Wissens habe ich aus Zeitschriften und Büchern. Ich war stets darum bemüht, mein Wissen zu vertiefen, indem ich aktiv Diskussionen über Themen, die mich bewegten, angefangen habe. Leider war es oft sehr schwierig, Gesprächspartner zu finden, weil viele Menschen, mit denen ich zu tun hatte, vergleichsweise einfach gestrickt waren und sich gar nicht diese Gedanken machten, die ich mir machte.

Grundlegende Überlegungen

Da ich nicht getauft war, war ich nicht gezwungen, einer Religion zu folgen, die ich innerlich ablehnte. Als Kind stellte ich bereits selbstständig Überlegungen über die Natur Gottes und der Welt an. Der Auslöser für die Beschäftigung mit diesen grundlegenden Fragestellungen war meine Ablehnung des Todes. Ich wollte unendlich lange leben. Wie könnte man unendlich langes Leben erreichen? Ich kam zu dem Schluss, dass das ganze Geschehen, das wir auf der Welt erleben, die Folge eines Konkurrenzkampfes zwischen zwei quasi-göttlichen Entitäten, dem Leben und dem Tod, ist. Es gibt also den Gott des Lebens und den Gott des Todes. Ich glaubte, dass man unendlich lange leben könne, wenn man dem Gott des Lebens treu folgt. Mich selbst hielt ich für den Halbgott der Unbesiegbarkeit, einen treuen Diener des Lebens.

Im Erwachsenenalter lernte ich die Religion des Zoroastrismus kennen. Der Zoroastrismus kennt zwei Götter, einen guten Gott (Ahura Mazda) und einen bösen (Angra Mainyu). Das hat mich sehr an die religiösen Vorstellungen meiner Kindheit erinnert. Da der Zoroastrismus eine sehr alte Religion ist, habe ich mir die Frage gestellt, ob nicht dieser Dualismus von einem guten und einem bösen Gott die ursprüngliche Vorstellung sei, die dem Menschen angeboren ist. Im Zoroastrismus gibt es auch Quasi-Halbgötter, die „Amesha Spenta“ genannt werden. Auch das eine Parallele zu meinem Glauben.

Jedenfalls hatte ich ein lineares Zeitbild, glaubte also, dass alles einen Anfang gehabt hat, aber nicht unbedingt ein Ende haben muss. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es unendlich langes Leben geben könnte. Die einzige Möglichkeit, die ich mir vorstellen kann, bei der es keinen Anfang gegeben hat, ist ein zyklisches Zeitbild. Bei einem zyklischen Zeitbild kann es kein unendlich langes Leben geben. Allenfalls kann es etwas geben, das ewig währt. Aber das muss immer schon existiert haben. Wenn in einem zyklischen Zeitbild etwas einen Anfang hat, muss es hingegen auch ein Ende haben. Da ich unendlich lange leben möchte, lehne ich das zyklische Zeitbild ab.

Grundsätzlich halte ich auch die Medizin für überflüssig, weil ich ja der Meinung bin, dass jemand, der fest ans Leben glaubt, unendlich lange leben wird und deshalb keine ärztlichen Eingriffe vonnöten sind, um die Gesundheit zu erhalten. Dass ich als Erwachsener Medizin studiert habe, war nur auf meinen Vater zurückzuführen, der mich dazu zwang und meine Meinung nicht teilte oder möglicherweise gar nicht kannte.

Es ist eigentlich erstaunlich, wie viele Facetten unseres Lebens davon abhängig sind, dass wir davon ausgehen, dass unsere Lebensspanne endlich sei. Man stelle sich vor, was sich alles ändern würde, wenn wir Gewissheit darüber hätten, dass man unendlich lange am Leben bleiben kann: Es wäre nicht länger notwendig, Nahrung zu sich zu nehmen; ergo entfiele ein triftiger Grund, Geld zu verdienen. Die Menschen wären viel freier.

Ein weiterer Aspekt meines Denkens betrifft die Einteilung der Welt in Realität und Wirklichkeit. Als Realität bezeichnete ich das, was wir mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen können. Die Wirklichkeit aber war meiner Meinung nach die Welt der Gedanken, Träume und Ideen. Zumindest in der Wirklichkeit könne man unendlich lange leben, so meine Überzeugung.

Erkenntnis und Wissenschaft

Grundsätzlich glaube ich, dass man eigentlich niemals mit Gewissheit sagen kann, dass man etwas weiß. Allenfalls kann man sagen, man glaubt etwas zu wissen. Aber die Sinne und das Gedächtnis können einen täuschen.

Deshalb sind auch Bestrebungen der Erkenntnistheoretiker, Wissenschaft so zu gestalten, dass man sich möglichst der Wahrheit annähert, müßig. Meiner Meinung nach können wir nur spekulieren, und das ist auch nicht unbedingt schlecht: Es macht Spaß, sich Hypothesen auszudenken und zu formulieren.

Jedenfalls trifft Wissenschaft nur Aussagen über die physische Welt, also das, was ich als Realität bezeichnet habe. Die Wirklichkeit ist hingegen Domäne der Metaphysik, und da funktionieren die diversen Vorgehensweisen, die als wissenschaftliche Methoden bezeichnet werden, nicht. Man kann nur spekulieren.

Wissenschaft interessiert mich seit meiner Schulzeit. Aber sie war nie das Hauptaugenmerk meines Denkens. Eigentlich hat es mich vor allem gereizt, über innovative Technik informiert zu sein. Wissenschaft mag vielleicht eine Methode sein, die den Anspruch erhebt, zu einigermaßen gesicherten Erkenntnissen zu gelangen, aber das wirklich Interessante ist ja, wie man Innovationen anwenden kann, um die Welt zu verändern. Seinerzeit habe ich das Thema „Modern science, technology and their impact on society“ zum Matura-Spezialgebiet gewählt.

Am meisten hat die Computertechnologie die Welt verändert. Die Molekularbiologie ist im Rennen vergleichsweise abgeschlagen.

Computer sind vor allem für kreativ veranlagte Menschen ein ideales Medium, um ihren Schöpfungsdrang auszuleben.

Kreativität

Im Volksschulalter konnte ich die Beobachtung machen, dass ich deutlich kreativer war als die anderen Kinder. Während viele von uns Computerspiele spielten, war ich der einzige, der sich auch eigene Spiele ausdachte und davon Skizzen anfertigte.

Ursprünglich habe ich meine Kreativität ausgelebt, indem ich Comics gezeichnet habe. Diese Comics waren nicht von überragender künstlerischer Qualität. Es ging mir nur darum, Geschichten zu erzählen.

Ab meiner Einschulung kamen dann die Computerspiele an die Reihe. Tatsächlich ist das Entwickeln von Computerspielen bis heute eines meiner wichtigsten Hobbys geblieben. Ich konnte einen Teil meiner Ideen umsetzen, indem ich mir verschiedene Programmiersprachen beigebracht habe. Als Erwachsener habe ich unter anderem ein Spiel entwickelt, das auf demselben Prinzip beruht wie die taktische Rollenspielserie „Shining Force“ von der Firma Sega. So etwas umzusetzen, war schon lange mein Traum gewesen. Was ich bisher noch nicht umgesetzt habe: In den ersten Jahren des Gymnasiums habe ich mir ein Jump‘n‘Run ausgedacht, das in unserer Schule spielte. Ich schwor, dass ich dieses Spiel auch irgendwann einmal implementieren würde. Ob ich das aber wirklich tun werde, steht noch in den Sternen.

Konklusion

Im Grunde genommen weiß ich gar nicht viel. Ich habe lediglich vieles aus Büchern gelernt, aber ob das, was in den Büchern steht, wirklich stimmt, ist mir unbekannt.

Ich verzichte darauf, irgend welche Inhalte aus meinen Studien wiederzugeben. Das wäre nicht besonders originell. Deshalb habe ich mich darauf beschränkt, über eigene Ideen zu schreiben.

Jeder Mensch unternimmt eine Reise, die Reise seines Lebens. Am Ende haben wir Erfahrungen gemacht, aber wir haben keine Gewissheit darüber, dass unsere Interpretation der Ereignisse die richtige ist.

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