Meine Zeit bei Mensa

Von 2002 bis 2014 war ich Mitglied des Vereins Mensa Österreich, der hiesigen Zweigstelle von Mensa International. Mensa ist ein Verein, dem Menschen aus allen sozialen Schichten beitreten können. Das einzige Qualifikationskriterium lautet Intelligenz. Wer Mensa-Mitglied werden möchte, muss nur einen Intelligenzquotienten nachweisen, der in den obersten zwei Prozent der Bevölkerung liegt. Kriterien wie Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion, Bildungsgrad oder Beruf spielen keine Rolle.

So schön diese Idee sein mag, so praxisuntauglich hat sie sich erwiesen. Meine Erfahrungen bei diesem Verein lehrten mich, dass die Unterschiede zwischen Menschen aufgrund der Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Schichten, inbesondere solchen mit unterschiedlichen Bildungsgraden, weit trennender wirken, als die Gemeinsamkeit, die hohe Intelligenz, die Menschen eint.

Mensa war der einzige Ort, an dem ich in meinem Leben Menschen begegnet bin, die nicht studiert haben und auch nicht wollten, dass ihre Kinder studieren. In der Schulzeit hatte ich nur mit Kindern zu tun, deren Eltern entweder bereits Akademiker waren oder die für ihren Nachwuchs den sozialen Aufstieg ins Akademikermilieu wollten. Mensa war auch der einzige Ort, an dem ich blöd angeredet worden bin, weil ich Student war, und manche mich gar mit missionarischem Eifer dazu bringen wollten, mein Studium aufzugeben und endlich "wie ein anständiger Mensch" arbeiten zu gehen.

Nach meinem Austritt war ich noch zweimal bei einem Vereinstreffen von Mensa und wurde dabei Zeuge, wie die damalige Lokalsekretärin von Mensa Wien auf die Frage deutscher Gäste, ob es in Österreich auch ein Mensa-Hochschul-Netzwerk gebe, reagiert hat: "Es gibt viele Hochbegabte, die die Uni nicht von innen gesehen haben und das auch nicht wollen, und für die ist dieser Verein." Zur Befriedigung der Bedürfnisse von Akademikern sei die Universität zuständig.

Aufgrund meiner Erfahrungen glaube ich schon, dass es einem Verein besser täte, wenn all seine Mitglieder aus der gleichen sozialen Schicht kämen. Mit dem Grundgedanken von Mensa hat das aber nichts mehr zu tun.

Wie ich gemobbt wurde

Ursprünglich bin ich nur deswegen zu Mensa gegangen, weil ich wissen wollte, ob ich einen IQ von über 130 habe. Ich war also nur am Aufnahmetest interessiert. Keinesfalls war mir daran gelegen, aufgrund meiner Mitgliedschaft etwas an meiner Lebenweise und meinen Zielen zu ändern. Aber im Verein gab es eine sehr aktive ältere Frau, die später auch das Amt der Lokalsekretärin von Mensa Wien übernahm, der mein Streben nach Bildung ein Dorn im Auge war und die von Anfang an auf mehr oder wenige subtile Art versuchte, mich vom Studieren abzubringen. ("Sobald du 18 bist, musst du nichts mehr lernen"; "Der Claus kann lernen, deshalb macht er das. Was kann der Claus? Er kann lernen.") Das hat alles nichts gefruchtet, weil in meinem Fall schon von Geburt an feststand, dass ich eines Tages Akademiker werden würde - schließlich entstammte ich ja einem akademisch gebildeten Elternhaus und bin ein sehr guter Schüler gewesen. Als ich dann mit meinen Studien fertig wurde, erdreistete sich diese Frau, meinen damaligen Arbeitgeber anzuschreiben, um seine Meinung über mich negativ zu beeinflussen. Das war der Anlass, dass ich die Reißleine zog und den Verein verließ. Dass sich diese Frau solche Befugnisse anmaßte, über andere Mitglieder zu bestimmen!

Es gab aber auch noch einige weitere unangenehme Leute in diesem Verein, unter anderem einen Langzeitarbeitslosen, der ein Forum moderierte und sich dort wie ein Diktator aufspielte. Insgesamt bereue ich es nicht, dass ich ausgetreten bin.

Intelligenztests

Ich hatte eigentlich immer eine negative Meinung zu Intelligenztests, weil sie bildungsunabhängig sind und jemand, der in seinem Leben nichts gelernt hat, unter Umständen im Test besser abschneiden kann als einer, der hochgebildet ist. Meine Erfahrungen bei Mensa haben mich darin bestätigt, diesen Tests keine große Bedeutung beizumessen. Ursprünglich glaubte ich, das Phänomen, dass viele Mensa-Mitglieder schlechte Schüler gewesen sind, wäre auf mangelnden Ehrgeiz und Disziplin zurückzuführen. Mittlerweile weiß ich, dass die meisten Mensa-Mitglieder wegen Teilleistungsschwächen in der Schule schlecht waren. Was immer also diese Tests messen, es ist nicht hinreichend dafür, in der Schule gut zu sein. Ich war jedenfalls stets Vorzugsschüler und habe meine Matura mit einem Notendurchschnitt von 1,0 absolviert. Wie ich einmal gelesen habe, hat etwa ein Prozent aller Maturanten diesen Notendurchschnitt. Wenn jedes Jahr zwanzig Prozent eines Jahrgangs Matura machen, gehöre ich also zu den besten zwei Promille eines Jahrgangs. Es ist reiner Zufall, dass dies auch ungefähr dem Ergebnis entspricht, das ich meistens in Intelligenztests erreiche.

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