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Klassische und "moderne" Informatik

Als ich mich vor einigen Jahren bei einem medizinischen Forschungsinstitut beworben habe, wurde ich von zwei Abteilungsleitern unabhängig voneinander gefragt, was mich im Informatikstudium am meisten interessiert hätte. Ich antwortete: Algorithmen. Der eine sagte daraufhin nichts, der andere: "What? But that's what computer science was like 50 years ago!" Wahrscheinlich hatte er eher Dinge wie Data Mining oder Machine Learning erwartet, weil diese dem, was am Institut gebraucht wird, näherkommen. Tatsächlich sind Data Mining und Machine Learning ja relativ moderne Dinge, weil sie sehr arbeitsspeicher- und rechenzeitintensiv sind und deswegen erst seit einigen Jahren wirklich in der Praxis angewendet werden können. Aber ich vermisse dabei die Eleganz, die die Genialität des Programmierers auszeichnet. Data Mining und Machine Learning sind eher "brute force", also Holzhammermethode. Deswegen reizten mich diese Subdisziplinen der Informatik, die ich selbstverständl

Worum es im Leben (vielleicht) geht

In Anlehnung an darwinistische Theorien habe ich mich manchmal gefragt, ob das Leben nicht eine Art riesiges Spiel sein könnte, an dessen Ende ein einziges Lebewesen als Sieger stehen könnte. Nach der Theorie des "selfish gene" sind ja Lebewesen, einschließlich Menschen, nur Träger von Erbanlagen, und der Sinn der Existenz als Individuum ist es dafür zu sorgen, dass diese Erbanlagen erhalten und weitergegeben werden. Vieles im Leben hat damit zu tun, dass Lebewesen entweder Sexualpartner bekommen wollen, um ihre Erbanlagen weiterzugeben, oder anderen Lebewesen das Leben schwer machen wollen, um zu verhindern, dass deren Erbanlagen weiterhin im Genpool bestehen bleiben. Diese Mechanismen lassen sich auf allen Ebenen beobachten, nicht nur im Tierreich, sondern auch im menschlichen Alltag. Menschen betrachten einander nach dem Nützlichkeitsprinzip, ist jemand einem nützlich, wird er zunächst toleriert. Wird er aber als überflüssig oder gar als Bedrohung wahrgenommen, versucht ma

Feudale Strukturen

Auf der ganzen Welt lassen sich meines Erachtens feudale Strukturen beobachten. Es gibt lokale, regionale, nationale und supranationale Eliten, die viel besitzen und das ihnen untergeordnete Volk bei Laune halten, indem sie seine Loyalität durch gelegentliche Geschenke belohnen. Ich glaube, in dieser Beziehung gibt es keinen grundlegenden Unterschied zwischen einer traditionellen Monarchie, einem sozialistischen und einem liberalen/kapitalistischen System.

Wirtschaft und Leistung

Allen Leistungsfanatikern ("Im ganzen Leben geht es nur um Leistung") sei ins Stammbuch geschrieben: Laut Wikipedia erwirtschaften etwa 30% der österreichischen Bevölkerung etwa 70% des Bruttoinlandsprodukts. Man überlege sich, was das bedeutet! Wenn das wirklich bedeuten sollte, dass selbst in dem Fall, wenn 70% der Bevölkerung überhaupt nicht arbeiten gingen, Österreich dennoch wirtschaftlich gut dastünde, dann stellt sich die Frage, welchen Sinn es hat, in überschwänglichen Brandreden ständig nur "Leistung" einzufordern; denn offenbar geht es der Wirtschaft auch gut, wenn nur ein relativ geringer Teil der Bevölkerung arbeiten geht. Vielleicht habe ich die Daten aber auch nur falsch interpretiert.

Mensa vor meiner Zeit

Da ich nun viele Ausgaben der Vereinszeitschrift von Mensa Österreich gelesen habe, die um das Jahr 1990 herum und danach erschienen sind, weiß ich einiges über den Verein vor meiner eigenen Zeit (ich bin im Frühling 2002 beigetreten). Anno 1990 hatte Mensa Österreich nur ca. 160 Mitglieder. Jetzt sind es an die 600. Die meisten der aktuellen Mitglieder sind nach dem Jahr 2000 beigetreten. Das wird vorwiegend auf die Internetpräsenz des Vereins zurückgeführt, die um das Jahr 2000 herum online ging. Das hat mich daran denken lassen, dass eigentlich vor dem Internetzeitalter Mensa ein ziemlich obskurer Verein gewesen sein musste. Wer wusste denn schon, dass es so einen Verein gab, und wer wusste, wen man kontaktieren musste, um Mitglied zu werden? Eventuell gab es einen Eintrag im Telefonbuch und ab und zu Werbeeinschaltungen in diversen Zeitschriften (ich weiß allerdings weder das eine noch das andere mit Sicherheit). Ansonsten wird es wohl eher so gewesen sein, dass man selbst Mitglied

Ein gut gemeinter Ratschlag

Lieber Markus Hengstschläger, vor einigen Wochen habe ich dich wieder einmal im Fernsehen gesehen. Damals wurde gerade ein Bericht über die österreichische Forschungslandschaft gebracht, in dem dieser kein gutes Zeugnis ausgestellt wurde. Zerknirscht hast du diesen Bericht kommentiert und gemeint, man müsse das Schulsystem ändern. Lieber Markus, es ginge auch einfacher. Du hast in deinem Buch "Die Durchschnittsfalle" geschrieben, dass du einen Studenten, wenn er zu dir käme und sagte, dass er einen Intelligenztest gemacht und ein außerordentlich gutes Ergebnis bekommen hätte, auslachen würdest, weil das deiner Meinung nach völlig belanglos wäre. Und da wunderst du dich noch, dass es um die Forschung in Österreich offenbar derart schlecht bestellt ist? Vielleicht solltest du deine Einstellung überdenken, denn es ist bekannt, dass keine bekannte messbare Größe mit dem Erfolg in allen Lebenslagen so stark positiv korreliert ist wie der Intelligenzquotient - wenn man denn die Leu

Einsamkeit

Wenn man ein Leitmotiv meiner Jugend benennen sollte, dann mag wohl Einsamkeit ein heißer Kandidat dafür sein. Nicht absolute, sondern relative Einsamkeit, hatte ich doch immer meine Eltern und auch außerhalb der Familie gewisse, wenngleich nicht allzu intensive soziale Kontakte. Aber insgesamt war ich weniger in gesellschaftliche Strukturen eingebunden, als es mir lieb gewesen wäre. Der Mensch ist doch ein Gesellschaftswesen - er fühlt sich nur dann wirklich wohl, wenn er mit anderen Menschen interagieren und irgendwie zu dieser Gesellschaft beitragen kann. Bei mir war es so, dass ich als Einzelkind aufwuchs und nur eine kurze Zeit lang den Kindergarten besuchte. In der Volksschule hatte ich mit vielen Mitschülern ein gemeinsames Interesse an Computer- und Videospielen. Das war ein guter Anlass, um sozial zu interagieren. Jede Woche, manchmal sogar zweimal pro Woche, kam ein Großteil meiner (männlichen) Mitschüler zu mir, um gemeinsam Spiele auszuprobieren. In dieser Zeit war ich rech

Wer ich bin

Vor einigen Jahren meinte ein Besucher meines Blogs, ich wüsste nicht, wer ich sei. Diese Bemerkung bezog sich auf eine kritische Äußerung von mir über den Ärztestand, und er meinte damit wahrscheinlich, dass es sich als Medizinstudent nicht gehöre, seinen eigenen Stand öffentlich zu kritisieren. Aber ich fand diese Bemerkung generell interessant, weil ich mir nie sonderlich Gedanken über meine Position in der Gesellschaft gemacht hatte. Wie im vorigen Artikel geschrieben, identifizierten sich manche Mitschüler von mir mit den Berufen ihrer Eltern ("die Arzttochter" usw.). Das habe ich nie getan. Aber überlegen wir uns mal: Wer bin ich? Ich bin zunächst einmal Wiener - in Wien wurde ich geboren, bin ich aufgewachsen, habe die Schule besucht und studiert. Diese Stadt ist also mein Lebensmittelpunkt. Dann bin ich natürlich Computerfreak und, dazu passend, ab 25. Juni dieses Jahres offiziell Diplom-Ingenieur für Informatik. Außerdem bin ich seit Mai dieses Jahres Doktor der Medi