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Es werden Posts vom November, 2013 angezeigt.

Rassenwahn

Heute habe ich ein Buch über die sozialistischen Studenten Österreichs in der Zeit der Ersten Republik (nach 1918) gelesen. In diesem Buch wird sehr ausführlich beschrieben, wie nationalistisch viele Professoren seinerzeit eingestellt waren. Nicht nur "einfache" Professoren, sondern auch hochrangige Angehörige der Universitäten, wie Rektoren, vertraten rassistische und antisemitische Ansichten. Es waren nicht einfach ein paar Einzelgänger, die Ideen hatten wie etwa, dass jeder Student einer bestimmten Nation zugeordnet werden und nur die Angehörigen der "deutschen" Nation das Wahlrecht für die Studierendenvertretung haben sollten. Nein, das zog sich bis in höchste Kreise und wurde auch - weit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland - umgesetzt. Höchst erschreckend auch, dass es damals sehr oft an Universitäten zu Krawallen kam und vor allem deutschnationale und katholische Studierende auf ihre sozialistischen oder jüdischen Kommilitonen einprü

Hochbegabte und Stress

Mein Kollege vertritt die Meinung, dass eine intellektuelle Hochbegabung automatisch mit Stress einhergehe. Fast alle Hochbegabten, die er kenne, seien gestresst; die einzigen Ausnahmen seien eine ältere Frau und ich. Ich meine dazu: Man muss über diese Hypothese diskutieren. Vielleicht hat er Recht, vielleicht auch nicht. Logisch erscheint mir persönlich, dass nicht die Hochbegabung an sich den Stress bedingt, sondern der Ehrgeiz, den viele Hochbegabte an den Tag legen. Dazu muss man auch sagen, dass diese Hochbegabten vor allem deswegen ehrgeizig sind, weil sie so erzogen worden sind, oder auch, weil sie von ihrer Hochbegabung wissen und - aus welchem Grund auch immer - glauben, dass sie verpflichtet seien, etwas aus ihrer Begabung zu machen. Ich glaube also nicht, dass die Hochbegabung den Stress auslöst, sondern eher das Wissen um die Hochbegabung. Es gibt aber auch viele Menschen, die laut Intelligenztest zu den Hochbegabten gehören, aber entweder von ihrer Hochbegabung gar nichts

Studentenleben

Wenn Studierende eigene Weblogs unterhalten, in denen sie ihr Studentendasein ausführlich schildern, dann ist das grundsätzlich eine schöne Sache - solche Blogs könnten auch später als Dokumentation des Studentenlebens zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach christlicher Zeitrechnung dienen, und sie könnten in biografischen Werken berücksichtigt werden, sollte sich der damalige Studierende im Verlauf seines weiteren Lebens zu einer bedeutenden Persönlichkeit mausern. Dass solche Weblogs auch missbraucht werden können, um jenen, die sich besonders offen darin präsentieren, zu schaden, ist ebenfalls klar; und mich persönlich stört das nicht, solange es nicht um mich selbst geht. Allgemein lese ich aus solchen Blogs jedenfalls heraus, dass sich die heutigen Studierenden für eine Art Elite halten, auch wenn sie das wahrscheinlich nicht gerne zugäben, wenn man sie danach ausdrücklich fragte. Sie betrachten sich als auserwählt, weil sie in der Schule gut waren, jedenfalls gut genug, um sich für

Allegorie über die menschliche Hybris

Der Ueberreuter-Verlag veranstaltete in den 1980er Jahren einen Wettbewerb, in dem es darum ging, Science-Fiction-Kurzgeschichten zu schreiben. Ich habe als Kind den Sammelband der für diesen Wettbewerb verfassten Geschichten gelesen. Eine Geschichte ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Die Geschichte handelte von einem hochentwickelten Volk von Wesen, die optisch gewöhnlichen Hühnern ähnlich sahen, aber die kognitive Begabung von Menschen aufwiesen. Diese intelligenten Hühner lebten auf einem fernen Planeten. Ihre Technik war aber schon so weit entwickelt, dass sie in der Lage waren, das Universum zu erkunden. Dabei stießen sie auf den Planeten Erde. Diesen beobachteten sie über Monate hinweg aus der Ferne. Sie erkannten, dass dort eine Spezies lebte, eben wir Menschen, welche die Besonderheit aufwies, dass ihre Angehörigen zu verschiedenen Anlässen den Mund aufzumachen pflegten, selbst wenn sie nichts aßen. Da die Hühner nicht wie wir kommunizierten, sondern mit Hilfe von tec

Generationen von Informatikern

Berufsbilder ändern sich. Bei den Informatikern sind aufgrund der rasanten Weiterentwicklung der Technik in den letzten Jahrzehnten deutliche Unterschiede zu erkennen: 1. Informatiker, die in den 1960er Jahren geboren wurden, haben fast immer erst im Studium ihren ersten Kontakt mit einem Computer gehabt. Die damaligen Rechner waren raumfüllend, schwer zu bedienen (Lochkarten!) und wenig leistungsfähig. Im Studium beschäftigten sich die Informatiker fast ausschließlich theoretisch mit Algorithmen und Konzepten der Informatik. 2. Informatiker, die in den 1970er Jahren geboren wurden, hatten in ihrer Jugend die Möglichkeit, für die damalige Zeit sehr leistungsfähige Heimcomputer zu erwerben. Diese konnte man relativ leicht programmieren, und man konnte mit ihnen viel anfangen. Es war aber nicht einfach möglich, drauflos zu programmieren, ohne sich Gedanken über effiziente Algorithmen und Optimierung des Programmcodes zu machen. Diese Generation von Informatikern ist sehr praxisorient

Tradition vs. Belesenheit

Ich lese gerade ein Buch über die Geschichte politischer Ideen. Die ersten Kapitel sind dem alten Griechenland gewidmet. Dabei zeigt sich, dass im alten Griechenland bei Gott nicht alles so demokratisch zuging, wie in der Schule behauptet wird. Vielmehr gab es unter den Philosophen Streit darüber, welche Staatsform die beste sei; viele Philosophen lehnten die Demokratie ab und sprachen sich für eine Aristokratie aus, also für die Herrschaft einer Elite, wobei oft das folgende Argument gebracht wurde: Um vernünftige Urteile treffen zu können, genüge nicht der Hausverstand, über den das Volk verfügt, sondern es bedürfe auch einer Tradition, also eines Erfahrungsschatzes, der von Generation zu Generation weitergegeben werde; deswegen seien nur hervorragende Männer aus herausragenden Familien als Führungspersönlichkeiten geeignet. Diese Überlegung hat mich zu folgendem Gedankengang veranlasst: In der heutigen Zeit ist es relativ problemlos möglich, Bildung zu erwerben, wenn man Interesse u

Umorientierung

Ich schwöre künftighin jedem spezifisch neoliberalen Gedankengut ab, weil ich nun am eigenen Leib erlebt habe, was das bedeutet (viel arbeiten und wenig dafür bezahlt bekommen)! Ab sofort werde ich mich zur Sozialdemokratie hin umorientieren.

Erkenntnistheorie und Autorität

Mir ist fremd, wenn Menschen sich auf das Recht des Stärkeren berufen. Nun gibt es auch in der Erkenntnistheorie Strömungen, die sich auf das Recht des Stärkeren berufen. Meiner Meinung nach ist das unvereinbar. Ein Wissenschaftler beruft sich nicht auf das Recht des Stärkeren. Ein Wissenschaftler kann logisch denken und vernünftige Urteile treffen. Im Prinzip war es Popper, der die autoritären Verhältnisse im Wissenschaftsbetrieb kritisierte. Sein kritischer Rationalismus war durchaus ein Fortschritt im Vergleich zu dem, was damals herrschte. Ich verstehe nicht, wie auch heute noch Menschen glauben können, aufgrund der Stellung in der Gesellschaft, die sie innehaben, immer Recht zu haben und den ihnen Untergeordneten ihre Meinung aufzwingen zu können.

Die aktuelle Diskussion

Hier in Wien findet gerade wieder ein Kongress zum Thema Begabtenförderung ein. Dabei geht es vor allem darum, wie man begabte Kinder und Jugendliche motivieren kann, ihrer Begabung entsprechend gute Leistungen in der Schule zu erbringen. Meiner Meinung nach schießt diese Fragestellung am Ziel vorbei. Was bringt es denn, wenn Kinder in der Schule gut sind? Das bringt höchstens den Kindern Befriedigung, wenn sie sich über gute Noten freuen, und vielleicht auch den Lehrern, aber sonst? Welchen Sinn hat diese Art der Begabtenförderung? Was haben Schulnoten mit dem echten Leben zu tun? Entscheidend ist vor allem, was die Kinder nach dem Ende ihrer Schullaufbahn tun sollen. Ein Hochschulstudium ist sicherlich nicht die schlechteste Idee; es ist gut, dass das Studium hier in Österreich die Studierenden nichts kostet. Aber Hochschulen bilden halt die Leute nur in bestimmten Gebieten aus, in denen sich die Professoren gut auskennen, und das sind nicht unbedingt die Dinge, die vom Markt nachgef

Autoritarismus vs. Laissez-faire

Immer wieder mache ich die Feststellung, dass Menschen, die "cool" wirken, gar nicht so "cool" sind, und umgekehrt diejenigen, die "uncool" wirken, in Wahrheit viel "cooler" sind. "Cool" im Sinne von: lässig, nicht im Sinne von "kaltherzig". Ein bekannter Demoszener schrieb unlängst auf Facebook, dass er bis zum Alter von 24 Jahren nicht selbst entscheiden durfte, was er tat und was er ließ. Ich hatte gerade von Demoszenern nicht erwartet, dass sie derart autoritär sozialisiert worden wären. Vielleicht hängt mein falscher Eindruck damit zusammen, dass viele von diesen Leuten nur über relativ schlechte Rechtschreibkenntnisse verfügen - ich dachte, wer nicht gut rechtschreiben kann, der nimmt's halt locker und scheißt auf die Normen. In Wahrheit ist es wohl nicht so, es ist wahrscheinlich sogar eher umgekehrt. Menschen aus einfachen Verhältnissen, beispielsweise solche aus Arbeiterfamilien, sind oft besonders autoritär sozia