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Ein gut gemeinter Ratschlag

Lieber Markus Hengstschläger, vor einigen Wochen habe ich dich wieder einmal im Fernsehen gesehen. Damals wurde gerade ein Bericht über die österreichische Forschungslandschaft gebracht, in dem dieser kein gutes Zeugnis ausgestellt wurde. Zerknirscht hast du diesen Bericht kommentiert und gemeint, man müsse das Schulsystem ändern. Lieber Markus, es ginge auch einfacher. Du hast in deinem Buch "Die Durchschnittsfalle" geschrieben, dass du einen Studenten, wenn er zu dir käme und sagte, dass er einen Intelligenztest gemacht und ein außerordentlich gutes Ergebnis bekommen hätte, auslachen würdest, weil das deiner Meinung nach völlig belanglos wäre. Und da wunderst du dich noch, dass es um die Forschung in Österreich offenbar derart schlecht bestellt ist? Vielleicht solltest du deine Einstellung überdenken, denn es ist bekannt, dass keine bekannte messbare Größe mit dem Erfolg in allen Lebenslagen so stark positiv korreliert ist wie der Intelligenzquotient - wenn man denn die Leu

Einsamkeit

Wenn man ein Leitmotiv meiner Jugend benennen sollte, dann mag wohl Einsamkeit ein heißer Kandidat dafür sein. Nicht absolute, sondern relative Einsamkeit, hatte ich doch immer meine Eltern und auch außerhalb der Familie gewisse, wenngleich nicht allzu intensive soziale Kontakte. Aber insgesamt war ich weniger in gesellschaftliche Strukturen eingebunden, als es mir lieb gewesen wäre. Der Mensch ist doch ein Gesellschaftswesen - er fühlt sich nur dann wirklich wohl, wenn er mit anderen Menschen interagieren und irgendwie zu dieser Gesellschaft beitragen kann. Bei mir war es so, dass ich als Einzelkind aufwuchs und nur eine kurze Zeit lang den Kindergarten besuchte. In der Volksschule hatte ich mit vielen Mitschülern ein gemeinsames Interesse an Computer- und Videospielen. Das war ein guter Anlass, um sozial zu interagieren. Jede Woche, manchmal sogar zweimal pro Woche, kam ein Großteil meiner (männlichen) Mitschüler zu mir, um gemeinsam Spiele auszuprobieren. In dieser Zeit war ich rech

Wer ich bin

Vor einigen Jahren meinte ein Besucher meines Blogs, ich wüsste nicht, wer ich sei. Diese Bemerkung bezog sich auf eine kritische Äußerung von mir über den Ärztestand, und er meinte damit wahrscheinlich, dass es sich als Medizinstudent nicht gehöre, seinen eigenen Stand öffentlich zu kritisieren. Aber ich fand diese Bemerkung generell interessant, weil ich mir nie sonderlich Gedanken über meine Position in der Gesellschaft gemacht hatte. Wie im vorigen Artikel geschrieben, identifizierten sich manche Mitschüler von mir mit den Berufen ihrer Eltern ("die Arzttochter" usw.). Das habe ich nie getan. Aber überlegen wir uns mal: Wer bin ich? Ich bin zunächst einmal Wiener - in Wien wurde ich geboren, bin ich aufgewachsen, habe die Schule besucht und studiert. Diese Stadt ist also mein Lebensmittelpunkt. Dann bin ich natürlich Computerfreak und, dazu passend, ab 25. Juni dieses Jahres offiziell Diplom-Ingenieur für Informatik. Außerdem bin ich seit Mai dieses Jahres Doktor der Medi

Über Wissenschaft

Heute habe ich einige Bereiche meiner Homepage zu einer Seite zusammengefasst, die ich "Science", also zu deutsch "Wissenschaft", genannt habe. Das ist ein guter Anlass, um über Wissenschaft selbst nachzudenken.  Wissenschaft ist das, was Wissen schafft. Der Zweck ist also, das Wissen zu vermehren. Da ich selbst aber der Meinung bin, dass man sich nie ganz sicher sein kann, ob das, was man zu wissen glaubt, den Tatsachen entspricht, relativiert sich das Ganze etwas. Wissenschaft beschreibt meiner Meinung nach nicht, wie etwas wirklich ist, sondern wie es zu sein scheint. In der Praxis mögen verschiedene Hypothesen immer wieder bestätigt werden, und es mag möglich sein, den Handlungsspielraum der Menschen durch neuartige technische Entwicklungen zu vergrößern, die auf wissenschaftlichen "Erkenntnissen" basieren. Aber ob das, was man als "Naturgesetze" bezeichnet, wirklich zu hundert Prozent korrekt ist und ob diese Gesetzmäßigkeiten wirklich immer

Von der Interesselosigkeit der Jugend

Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, dann ist es relativ klar, was mich damals am meisten gestört hat: die Interesselosigkeit meiner Mitschüler an fachlichen Dingen. Gut, ich möchte mich nicht als strahlende Ausnahmeerscheinung präsentieren, habe ich mich doch bis zum Ende der AHS-Unterstufe selbst fast nur für Computer interessiert. Erst danach entwickelte ich auch ein Interesse an Länderkunde, Weltgeschichte und Politik und im letzten Schuljahr schließlich an molekularer Biologie und Genetik. Aber bei einigen Mitschülern hatte ich den Eindruck, dass sie sich für gar nichts interessiert haben, außer fürs Kartenspielen, Fortgehen und Saufen. Es ging ihnen mehr um "Action" und intensive Erfahrungen als um Wissen und fachliche Kompetenz. Dass jemand etwas erleben möchte, kann man ihm nicht verübeln; das möchte wahrscheinlich jeder gerne. Aber wenn man überhaupt keine fachlichen Interessen hat, obwohl man eine Schule besucht, die auf ein Studium an einer Hochschule vorbereit

Warum ich diesen Blog in Deutsch verfasse

Während ich im alten Blog die deutsche und die englische Sprache bunt gemischt verwendet habe, habe ich diesen Blog bislang rein in deutscher Sprache verfasst. Warum? Zur Illustration zunächst drei Online-Gespräche, die ich in letzter Zeit mit Leuten aus dem Ausland hatte: 1. Q: Why do you write in German? You aren't German. A: I'm Austrian. What do you think is the official language of Austria? Q: Austrian? 2. A: There are many school children in Austria whose parents have immigrated from another country. Often they enter school without any knowledge of the German language. Q: Why should children in Australia need to know the German language? You are a troll! I'll put you onto my ignore list! 3. A: I believe the old medical curriculum here in Vienna (Austria) is far more challenging than at Harvard University. Q: Yes, I believe as well that the medical curriculum may be different in different universities located in the same country. (Er glaubte anscheinend, Wien befände s

Einstellung zu Bildung und Studiendauer

Ich gehöre ja zu der Sorte von Menschen, die gerne ihr Wissen über verschiedene Bereiche erweitern, selbst wenn das Wissen nicht praktisch anwendbar zu sein scheint. Diese Einstellung teilen nicht alle. Mir sind schon einige Menschen begegnet, die Bildung nur als Mittel zum Zweck ansehen, Geld zu verdienen. Sie honorieren es oft gar nicht, wenn sich jemand nur des geistigen Horizonts wegen weiterbildet, und betrachten es als Zeitverschwendung. Zum Teil werfen sie solchen, die an Bildung interessiert sind, sogar unmoralisches Verhalten vor. In diesem Zusammenhang muss ich sagen, dass ich während meiner Schulzeit, die ja auch schon über 12 Jahre her ist, einige Zeit lang regelmäßig "Die Presse" gelesen habe. Ein Studienkollege meinte später im Gespräch, die Ansicht, man solle nur das lernen, was man braucht, sei "kleinbürgerlich". Nun, "Die Presse" gilt bekanntlich als Qualitätszeitung. Aber wenn mein Studienkollege recht hat, dann ist sie äußerst kleinbürge