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Österreichische Verfassungsgeschichte

Ich lese gerade das Buch "Österreichische Verfassungsgeschichte" von Brauneder et al. (Auflage von 1987) und muss sagen: Dieses Buch öffnet Augen. Es zeigt, dass die politischen Verhältnisse hierzulande noch wesentlich komplizierter sind, als man es in der Schule lernt. Gerade als Wiener neigt man ja dazu, Österreich als einen Einheitsstaat zu betrachten und nur die nationalstaatliche Ebene zu berücksichtigen. Dabei ist Österreich nicht nur ein Bundesstaat, der aus mehreren teilautonomen Ländern besteht, sondern es gibt auch noch Gemeinden, die durchaus gesetzgeberische Kompetenzen haben. Wenn man sich dieses Buch nun durchliest, wird man feststellen, dass es in der Geschichte sehr viele verschiedene, teilweise gleichzeitig existierende Rechtsformen gegeben hat. So hat es zum Beispiel quasi "Volksstämme" gegeben, die eine eigene Gerichtsbarkeit hatten, wie die so genannten Edlinger Bauern. Jede Stadt verfügte ebenfalls über ein eigenes Stadtrecht. Es gab und gibt vi

Von der Scheinheiligkeit der ÖVPler

Ein Kollege von der Mensa versuchte unlängst, Professor Brauneder ins rechte Eck zu stellen. Dieser Mensa-Kollege ist ein strammer ÖVPler, dessen Vater durch die Partei Karriere gemacht hat. So gesehen, ist klar, dass er die Stellung der ÖVP um jeden Preis verteidigen möchte. Die gleiche Person hat übrigens auch behauptet, Bundeskanzler Kreisky, dem wir viel zu verdanken haben (vor allem unseren Wohlstand), sei eine "böse" Person gewesen. Da merkt man wieder, dass Gut und Böse relative Begriffe sind, die vom Standpunkt des Betrachters abhängen. Denn in meinen Augen ist eher die ÖVP die Partei des Bösen. Wie man bei Brauneder lesen kann, regierte in Österreich nach 1945 eine Große Koalition. Diese Große Koalition trat die Verfassung mit den Füßen. In der Verfassung ist eine Gewaltenteilung vorgesehen; das Parlament beschließt die Gesetze, und die Regierung führt sie nur aus. Tatsächlich hat aber die ÖVP zusammen mit ihrem Koalitionspartner seit 1945 die Gesetze meistens in inf

Gedanken zu Pathophysiologie und Medizin

Ich persönlich finde, dass die Pathophysiologie (oder Funktionelle Pathologie) die eigentliche beziehungsweise wichtigste Grundlage der Klinischen Medizin darstellt. Für viele meiner Studienkollegen war dieses Fach, das bei uns Pflicht war, ein Problemfach, und viele sind auch nur "irgendwie" durch die zugehörige Prüfung gekommen. Ich finde, dass dieses Fach sehr wichtig ist und aus diesem Grund jeder Mediziner sich damit gründlich beschäftigen sollte. Die Pathophysiologie unterscheidet sich von der Physiologie dadurch, dass die Physiologie die Funktion des gesunden menschlichen Organismus beschreibt und die Pathophysiologie eben die Mechanismen, wie Krankheiten und sonstige Abnormität entstehen können. Im Prinzip dient die Lehre in sämtlichen Fächern des ersten Studienabschnitts (Chemie, Physik, Biologie, Biochemie, Anatomie, Histologie, Physiologie) nur zur Vorbereitung dazu, dass man sich im zweiten Abschnitt mit der Pathophysiologie gründlich beschäftigen und den Stoff au

Zur Klassifikation von Hochbegabten

In diesem Blog habe ich mich bereits einige Male mit den Unterschieden zwischen Hoch- und Höchstbegabten beschäftigt. Ich habe auch die Klassifikation von Paul Cooijmans wiedergegeben und diskutiert. Ein erfahrener Mediziner-Kollege, der sich auch mit Hochbegabtenforschung beschäftigt, hat mir nun seine Meinung über die verschiedenen Grade der Hochbegabung mitgeteilt. Ich denke, es wird ihm Recht sein, wenn ich sie hier in eigenen Worten wiedergebe. 1. Personen mit einem IQ zwischen 130 und 140 sind seiner Meinung nach in der Lage, vorhandenes Wissen zu erwerben und zu verstehen. 2. Personen mit einem IQ zwischen 140 und 150 sind seiner Meinung nach in der Lage, neue Zusammenhänge zu erkennen und zu beschreiben. In diese Kategorie fallen die meisten Nobelpreisträger. 3. Personen mit einem IQ über 150 sind seiner Meinung nach in der Lage, neuartige Lösungen für schwierige Probleme zu entwickeln. Er glaubt, dass ich in die dritte Kategorie gehöre (was ja auch in den meisten Intelligenzte

Von der Herrschaft der Intellektuellen

Wie andernorts bereits gesagt, finde ich, dass wir hier in Mitteleuropa keineswegs in einer Herrschaft der Intellektuellen leben, sondern eher in einer Diktatur des Kleinbürgertums. Unter einem Kleinbürger verstehe ich dabei einen, der in erster Linie ans Geldverdienen denkt und sich nur wenig Gedanken über philosophische, weltanschauliche, politische oder wissenschaftliche Fragestellungen macht. Im Unterschied dazu ist dem Intellektuellen das Geldverdienen weniger wichtig, während er sich eher für Philosophie, weltanschauliche Fragestellungen, Politik und Wissenschaft interessiert. Der griechische Philosoph Plato, von dem eigentlich jeder mit rudimentärer Allgemeinbildung schon einmal gehört haben sollte, schrieb ja in seinem Werk "Der Staat" (Originaltitel: "Politeia"), dass die "Philosophen" die Macht im Staate haben sollen. Die "Philosophen" sind im Prinzip das, was wir unter Intellektuellen im von mir soeben geschilderten Sinn verstehen. Ob

Mein Artikel für die Ärztezeitung

Folgenden Artikel habe ich vor einigen Wochen als Probeartikel für die Österreichische Ärztezeitung verfasst. Die Vorgaben lauteten: ein Thema, das niedergelassene Ärzte interessieren könnte, zwei habilitierte Gesprächspartner und etwa 7000 Zeichen Umfang. Das habe ich alles eingehalten. Dennoch wurde der Artikel nicht akzeptiert. Ein Bekannter von mir rief bei der Redaktion an und erfuhr, dass der Inhalt "zu revolutionär" sei. Zudem könnten sich die Redakteure nicht vorstellen, dass ein junger Mediziner wie ich so etwas geschrieben haben könnte. Nun, ich bin eben kein gewöhnlicher Jungmediziner. Die Vermutung allerdings, dass eine Pharmafirma oder kommerzielle Absichten dahinter steckten, ist falsch - ich bin lediglich gut informiert. Hier der Artikel. Viel Spaß beim Lesen! -- Hormone und ihre Wirkung auf Stress und Immunsystem Bekanntlich sind Hormone für zahlreiche Steuerungs- und Regelprozesse im menschlichen Organismus verantwortlich. Interessant und vermutlich nicht all

Ein neues Schulmodell

Durch die neuen Technologien (Internet) gibt es nun so viele Möglichkeiten, selbstständig Bildung zu erwerben, dass man meiner Meinung nach das Schulsystem überdenken sollte. Ich wäre dafür, die Volksschule im Großen und Ganzen beizubehalten, aber die Gymnasien zu reformieren. Mir persönlich wäre vor allem ein Anliegen, dass die Schulzeit am Gymnasium von derzeit 8 auf 6 Jahre reduziert würde. Dann könnte man schon im Alter von 16 Jahren zu studieren anfangen und hätte im Idealfall mit 19 seinen Bachelor. Ein allfälliger Militär- oder Zivildienst wäre dann erst nach Abschluss des Studiums abzuleisten. (Selbstverständlich bin ich auch für die Abschaffung der Wehrpflicht.) Trotz der Reduktion der Dauer der Schulzeit sollte der Stoff nicht wesentlich gekürzt werden. Ich finde, dass unsere Gymnasien eine recht gute Allgemeinbildung vermitteln. Diese Stärke des österreichischen Schulsystems sollte erhalten bleiben. Tatsache ist, dass an den Gymnasien in einigen Fächern, wie Geschichte oder

Die autoritäre Persönlichkeit

Adorno und Kollegen haben schon vor einigen Jahrzehnten versucht, einen bestimmten Persönlichkeitstyp zu beschreiben, den sie für viele Probleme der Menschheit verantwortlich machten. Sie nannten ihn "die autoritäre Persönlichkeit". Da damals noch nicht viel Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg vergangen war, brachten sie diesen Persönlichkeitstyp vor allem mit den Schrecken der damaligen politischen Systeme und deren Verbrechen an der Menschheit in Verbindung. Ich denke, dass autoritäre Persönlichkeiten auch heute noch existieren, auch heute noch über Macht verfügen und auch heute noch anderen Menschen zu einem gewissen Grad das Leben schwer machen. Ich verstehe darunter vor allem Leute, die jemanden zwingen, anders zu denken oder zu handeln, als dies dessen Naturell entspricht. Gewiss, in der Arbeit mag es vielleicht Strukturen geben, die aus rein pragmatischen Gründen gewahrt bleiben müssen, aber nicht außerhalb der Arbeitszeit. Manche Leute glauben aber, überhaupt den Lebensst